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Schlagwort: Anfänge der Kunsttherapie

Edith Kramer und die Anfänge der Kunsttherapie

Edith Kramer gilt als eine Pionierin der Kunsttherapie. Sie wird auch als Mutter der Kunsttherapie bezeichnet. 

 

 

Wurzeln

Edith Kramer wurde 1916 in Wien als Tochter jugendbewegter Eltern geboren und besuchte in ihrer Jugend den Malunterricht bei Friedl Dicker-Brandeis, die wiederum Schülerin von Johannes Itten war. 

Friedl Dicker-Brandeis wurde bekannt, weil sie nach ihrer Deportation 1942 in das Ghetto Theresienstadt den Kindern im Lager Zeichenunterricht gab, die noch heute ein beeindruckendes und berührendes Zeugnis darstellen. 1944 wurde Dicker-Brandeis nach Ausschwitz geschickt und dort ermordet.

Emigration und Praxiserfahrungen

Im Jahr 1938 musste auch Edith Kramer Österreich verlassen und emigrierte in die USA. 

Dort arbeitete sie zunächst viele Jahre in einer Kinderpsychiatrie in New York. Aus ihren eigenen kunstpädagogischen Erfahrungen und ihrer praktischen therapeutischen Arbeit mit verhaltensgestörten und benachteiligten Kindern, entstand die Kunsttherapie.

Die Anfänge der Kunsttherapie und der Unterschied zu bisherigen kreativen Therapien

Kreative therapeutische Arbeit gab es damals zwar bereits, aber das Besondere war, dass es sich hier nun um eine Mischform aus Kunsttherapie und Psychoanalyse handelte. 

Edith Kramer entwickelte einen kunsttherapeutischen an die psychoanalytische Theorie nach Freud angelehnten Ansatz. Dieser basiert im Großen und Ganzen darauf, „dass unter bestimmten Voraussetzungen der künstlerische Prozess an sich therapeutische Wirksamkeit haben kann“ (Thuneke, Jörg: Edith Kramer: Malerin und Kunsttherapeutin. In: Azuélos, David (Hrsg.): Alltag im Exil. Würzburg 2011. S.187)

Der große Unterschied ist also, dass Edith Kramer die erste war, die sich der Kunsttherapie von der Kunst her näherte.

Hauptaufgabe der Kunsttherapie nach Kramer

Aufgrund eigener künstlerischer und kunsttherapeutischer Erfahrungen und ihres biografischen Kontakts mit progressiven Erziehungsmethoden stellte sich für Edith Kramer nämlich die Frage, was der Zeichenunterricht leisten kann und wie man die Produktion von Kunst für den Menschen fruchtbar machen kann. 

Edith Kramer geht davon aus, dass „das Hauptgewicht (ihrer) Arbeit (…) auf der heilenden Wirkung der Kunst (beruht).“ (Kramer, Edith: Kunst als Therapie mit Kindern. S.15).

Künstlerische Produkte sind nicht bloße Hilfsmittel für die Psychotherapie. Der Schaffensprozess an und für sich kann therapeutische Wirkung haben und zwar ganz ohne einen Schwerpunkt auf der Verbalisierung der Ergebnisse. Das Verbalisieren bleibt den Psychotherapeut*innen aufgrund ihrer Ausbildung vorbehalten. 

Die Kunsttherapie ist zwar kein reiner Ersatz für die Psychotherapie, aber sie kann über die Schaffung künstlerischer Produkte insofern unterstützend wirken, dass sie das Ich davor bewahrt oder davon befreit, allzu starke, entwicklungshemmende Abwehrmechanismen gegen mögliche Triebgefahren aufbringen zu müssen. 

Die Hauptaufgabe nach Kramer für die Kunsttherapie ist die Stützung des Ichs und die Förderung des Gefühls der persönlichen Identität und allgemeiner Reifungsprozesse.

Bei Edith Kramer müssen Kunsttherapeut*innen unbedingt selbst Künstler*innen sein. Das Verständnis vom künstlerischen Material und vom kreativen Prozess ist für sie Voraussetzung dafür, dem Gegenüber wirklich unterstützend beistehen zu können.

Biografische Ergänzung

1944 nahm Kramer dann die US-Staatsbürgerschaft an. 

Sie lehrte Kunsttherapie an der New York University und an der George Washington University in Washington.

1975 erschien ihr Buch „Kunst als Therapie mit Kindern“. Ein Buch, das ich Kunsttherapie-Interessierten nach wie vor nur ans Herz legen kann und das in viele Sprachen übersetzt wurde. 

Edith Kramer zog es bis ins hohe Alter Sommer für Sommer in die österreichischen Berge zurück. Dort starb sie 2014.


Quellen:

Azuélos, David (Hrsg.): Alltag im Exil. Würzburg 2011.

Dannecker, Karin: Kunst, Symbol und Seele, Frankfurt am Main 2000.

Kramer, Edith: Kunst als Therapie mit Kindern, München 1998.

Thuneke, Jörg: Edith Kramer: Malerin und Kunsttherapeutin. In: Azuélos, David (Hrsg.): Alltag im Exil. Würzburg 2011.

Zwiauer, Charlotte (Hrsg.): Edith Kramer. Malerin und Kunsttherapeutin zwischen den Welten, Wien 1997.

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